Bei der öffentlichen Anhörung des Hessischen Landtags (Sozial- und Integrationspolitischer Ausschuss – gemeinsame Anhörung mit dem Ausschuss für Digitales zum Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen und in der Pflege) zu „Das Gesundheitswesen und die Pflege zukunftsfähig machen – Ausbau der Digitalisierung“ am 3. März 2022 nahm die DGG im Landtag zur Frage von Auswirkungen der Digitalisierung auf die Ausbildung und Weiterentwicklung in den Gesundheits- und Pflegeberufen gemäß Landtagsprotokoll wie folgt Stellung:
(Dr. Stephan Schug) Erst einmal vielen Dank für die sehr interessante Stellungnahme meines Vorredners, die sehr aus der Praxis kommt. – Ich möchte jetzt aus der allgemeinen Perspektive der Digitalisierung noch einige Punkte ergänzen.
Es wird gefragt: Muss die Ausbildung in medizinischen und pflegerischen Berufen zukünftig angepasst werden? – Das ist definitiv der Fall. Auch wird schon seit Jahren gefordert, das breiter in das Medizinstudium aufzunehmen, um adäquat auf die neuen Techniken, über die wir bei den anderen Themenblöcken ausgiebig gesprochen haben, vorbereitet zu werden. Gerade die Pflegeberufe haben eine sehr hohe Verantwortung für eine bedeutungsvolle medizinische Dokumentation; denn die ganzen schönen interoperablen Patientenakten würden keinerlei aussagefähigen Daten enthalten, wenn nicht alle Berufe entsprechend ausgebildet würden, um die anspruchsvollen Dokumentationsaufgaben wahrzunehmen. Das muss entsprechend abgebildet werden.
Zu der Frage der neuen Berufsbilder kann man nur uneingeschränkt Ja sagen. Bezogen auf die Pflege ist im Rahmen der Akademisierung rund um die Pflegeausbildung, der Zusatzqualifikationen usw. schon einiges entstanden. Zum Bereich E-Health gibt es in Europa inzwischen über 100 Masterstudiengänge. Das alles ist in den letzten zehn bis 15 Jahren aus dem Boden geschossen.
Das heißt, dieses Fach entwickelt sich sehr stark.
Auf der anderen Seite – um vielleicht die Perspektive bei diesen Berufen ein bisschen zu weiten – gibt es bei der neuen Art der Versorgung, die schon als Blended Care, als hybride Versorgung genannt wurde – das, was auch in den ländlichen Bereichen funktioniert, bzw. dort, wo man, salopp gesagt, die Versorgung auf dem Sofa beginnt –, inzwischen Sachen, bei denen sich Patienten
über bestimmte Produkte, über Apps im Krankenhaus direkt anmelden. Das heißt auf Neudeutsch Onboarding. Dafür gibt es inzwischen sehr erfolgreiche Anbieter. Es muss aber noch jemand sowohl in der Administration des Krankenhauses als auch in den Pflegeberufen sein, der das aufnehmen kann.
Ich würde gerne noch einen Punkt loswerden. Man muss dabei auch bedenken – ich bin von einem Kollegen aus den USA sehr stark darauf gestoßen worden –: In den USA sollen jetzt gerade im Rahmen der Pandemie ziemlich viele Ärztinnen und Ärzte aufgrund des Phänomens des Burnouts ihren Beruf quittiert haben, und zwar insbesondere aufgrund eines digitalen Burnouts, weil sie völlig überfordert worden sind. Die Überexposition zu Zoom ist auch in anderen Bereichen bekannt. Aber gerade in den ärztlichen Berufen ist es zu einer massiven Überlastung gekommen, sodass in diesen Berufen die Arbeitsplätze und auch das Berufsfeld verlassen worden sind.
Deswegen habe ich in einer internationalen Initiative mit dem besagten Kollegen zusammen ein spezielles Lernmodul entwickelt, das sich an in der Informatikausbildung befindliche Personen richtet und das speziell einer Burnout-Prävention in diesem Bereich dient. Ich denke, ein Aspekt, den man berücksichtigen muss, ist die richtige Mischung – zum einen die berühmte Work-Life-Balance und zum anderen die Mischung in den Arbeitsplätzen, in der Ausbildung und letztlich auch in der Berufstätigkeit –, dass man nicht den ganzen Tag nur auf einen Bildschirm starrt und man die komplexen Dokumentationsaufgaben mit teilweise ungeeigneten Oberflächen lösen muss.
Quelle: Kurzbericht der Anhörung in der 73. Sitzung des Sozial- und Integrationspolitischen Ausschusses und der 27. Sitzung des Ausschusses für Digitales und Datenschutz des Hessischen Landtags am 3. März 2022